Aus unserer Sicht könnte die Inflationsprognose der EZB zu niedrig sein. Wir waren zwar durchaus davon ausgegangen, dass sich die Folgen der US-Zölle in Grenzen halten werden. Tatsächlich war die Konjunktur aber sogar noch stabiler als erwartet. In der ersten Jahreshälfte ist die Wirtschaftsleistung im Euroraum um 1,5% p.a. gestiegen – mehr als die von der EZB für der Gesamtjahr erwarteten 1,2% gegenüber dem Vorjahr – und nach den jüngsten Einkaufsmanagerindizes setzt sich der positive Trend fort.
Die Fiskalpolitik im Euroraum wird in den nächsten Jahren lockerer werden. Das liegt vor allem an Deutschlands Wachstumsprogramm, durch das das BIP in der Region in den nächsten zwei bis drei Jahren um rund 0,5% steigen könnte.
Die Auswirkungen eines stärkeren Euro auf die Teuerung werden sich vermutlich in Grenzen halten. Die bisherige Aufwertung des Euro hatte „einen guten Grund“, nämlich eine Neueinschätzung der relativen Wachstumserwartungen im Euroraum, und nicht etwa einen destabilisierenden Ausverkauf des US-Dollar. In solchen Fällen schlägt die stärkere Währung in der Regel nur wenig auf die Verbraucherpreise durch.
Angesichts des noch immer engen Arbeitsmarkts könnten diese Risiken die EZB veranlassen, ihre Inflationserwartungen im Dezember oder im März anzuheben. Das Meinungsgefüge im EZB-Rat könnte sich schon jetzt verschieben.
Da die Märkte Zinssenkungen der EZB um insgesamt 10 Basispunkte bis Juni nächsten Jahres widerspiegeln und das CSR-Team von Capital Group davon ausgeht, dass die Federal Reserve die Zinsen senken wird, rechnen wir auf Grundlage unserer aktuellen Prognose von zwei Zinserhöhungen der EZB damit, dass in den nächsten Monaten die Renditen deutscher Staatsanleihen steigen werden und der Euro aufwerten wird.